Übung ABC-Zug 3 des Kreises Soest in Störmede
Sie sind ausgebildet, Atomaren, Biologischen oder Chemischen Bedrohungen entgegenzutreten: Die Feuerwehrleute des ABC-Zuges 3 des Kreises Soest. In Störmede haben sie am Mittwoch die Arbeit in den sperrigen Chemikalienschutzanzügen geübt – bis ihnen wortwörtlich die Luft ausging.
Zwischen den Rohren im Keller des Störmeder Lehrschwimmbeckens bringen gerade zwei Feuerwehrleute eine Manschette an einem kaputten Rohr an, um es abzudichten. Von ihren Gesichtern ist dabei aber nichts zu sehen. Sie stecken in Chemikalienschutzanzügen, darunter tragen sie Atemgeräte. Wenn sie sprechen klingt es dumpf, sie sind kaum zu verstehen. In dem Keller riecht es nach Chlor, die engen Gänge sind gesäumt von Rohren, Schiebereglern und Tanks. Es ist drückend warm, schon ohne Anzug.
Die beiden Feuerwehrleute sind mitten in in einer Übung des ABC-Zuges 3 des Kreises – und der Technikkeller des Lehrschwimmbeckens ist wie gemacht dafür. An fünf Stationen wird hier unter voller Belastung geprobt, wie Löcher in Rohren abgedichtet, Menschen gerettet und unbekannte Chemikalien bestimmt werden. Auch das Lösen und Verschrauben von Gewinden muss gemeistert werden. Das klingt banal, ist in den dicken, schweren Anzügen aber eine echte Herausforderung.
Höchstens 30 Minuten Zeit
Die Schutzanzüge kommen immer dann zum Einsatz, wenn die Feuerwehrleute – im ersten Übungsdurchgang übrigens vier Männer und zwei Frauen – nicht mit der Außenluft in Kontakt kommen sollen. Eben weil diese möglicherweise kontaminiert ist. Die Luft steckt in einer Flasche auf dem Rücken und reicht für 30 Minuten, erklärt Zugführer Ralf Harrenkamp.
Zunächst aber müssen sich die Männer und Frauen erst einmal in die Anzüge manövrieren. Alleine ist das nicht möglich, jeder braucht einen Anzughelfer. „Darin arbeiten ist eine extreme Leistung“, weiß André Schürer, Leiter der Störmeder Einheit. Aber genau das sei auch das Ziel der Übung: „Jeder soll den Anzug unter Belastung tragen und darin arbeiten.“
Kühlwesten sollen zwar entlasten, im Anzug wir es trotzdem schnell 40 Grad warm – und den später davon befreiten Feuerwehrleuten ist die Anstrengung der Übung anzusehen. Schürer schlüpft als einer der ersten hinein und wird die 30 Minuten am Ende vollständig ausgereizt haben. Die Einsatzzeit wird genau dokumentiert, sagt Harrenkamp.
Auch, wie lange sie allein für den Weg brauchten, wird festgehalten. „Die Zeit wird für den Rückweg überwacht.“ Denn irgendwann geht im Anzug die Luft aus. Mehr als 20 Minuten kann darin niemand arbeiten, denn zehn Minuten müssen für die spätere Dekontamination eingerechnet werden.
Dekontamination vorgeschrieben
Je nach Anstrengung und Temperatur kann die Arbeitszeit auch noch kürzer sein. „Es gibt eine ständige Überwachung. In dem Anzug wird einem auch schnell unwohl, der Kreislauf kann Probleme machen.“ Sinkt die Luft auf ein kritisches Level, warnt ein durchdringendes Piepen den Anzugträger. Spätestens dann wird es höchste Zeit, sich zur Kontamination zu begeben. Die Station ist im Grunde ein Zelt, in dem die Einsatzkräfte von außen abgewaschen werden. Erst danach dürfen sie den Chemikalienschutzanzug ausziehen – und kommen an frische Luft. Bei der Übung wird die Station von einer Einheit aus Böckum-Norddorf aufgebaut – und ist ein essentielles Nadelöhr, durch das jede Einsatzkraft hindurch muss.
Derartige Übungen vollzieht die Einheit ein bis zweimal im Jahr – im September steht dann eine Vollübung an. Heißt: Es werden nicht an Stationen einzelne Tätigeiten geprobt, sondern der reale Ernstfall. Der tritt übrigens häufiger ein, als man denken mag. Selbst atomare Einsätze hatte die Einheit bereits – an der HSHL war ein Röhrchen mit Cäesium heruntergefallen und beschädigt, am Ende aber keine Radioaktivität ausgetreten.
++++Der ABC-Zug-3 in Kürze++++
Insgesamt gibt‘s vier ABC-Züge im Kreis Soest. Der dritte Zug ist auch für die überörtliche Hilfe zuständig und besteht aus 34 Frauen und Männern aus Geseke, Erwitte und Lippstadt. Zugführer ist Ralf Harrenkamp (Störmede), seine Stellvertreter sind Björn Parl (Lippstadt) sowie Thomas Wieneke (Erwitte). Die interkommunale Zusammenarbeit sichert aufgrund der hohen Personal- Material- und Zeitkosten eine große Bandbreite an Einsatzszenarien. Zu Einsätzen kam der Zug schon häufiger – etwa, als 2012 Chemikalien am EVK ausliefen, oder auch 2019 in Geseke, wo bei Zersetzungsprozessen von gelagertem Mais gefährliches Gas entstand.
Quelle: Der Patriot